Over the hills and far away: das Q3-Whisky-Tasting in Wort und Bild

Die Tradition will es so – und weil man dem eben nichts entgegen halten kann, versammelte sich am letzten Freitag des vergangenen Quartals wieder die Runde der Q-Gruppe, um ausgewählte feine Tropfen zu verkosten. Dabei lernten wir wieder wundersame Dinge über Whisky, aber auch menschliche Verhaltensweisen, womit Spaß und Spannung garantiert waren.

Wobei das mit dem Spaß anfangs eher Definitionssache war, denn nachdem die Austragungsstätte wie gewohnt doch mehr als einige Steinwürfe von meinem üblichen Wirkungskreis entfernt lag, durfte ich bei der Anreise zunächst einen Artikel der bayrischen Verfassung kennenlernen, der mir bislang unbekannt geblieben war. Der muss irgendwie sinngemäß lauten „Wenn am Montag Feiertag ist, so fahre Freitags sogleich auf die Autobahn!“ Daran hielten sich alle braven Bürger natürlich, und so kam ich in den Genuss einer weitläufigen Umfahrung der nicht passierbaren Hauptverkehrswege. Die führte mich (am Tage sicherlich malerisch – eher nervtötend dagegen, wenn die wartenden Mitstreiter langsam auf die Tischplatte trommeln) entlang an diversen Sehenswürdigkeiten und sogar durch Ansiedlungen, die ich bislang für mythische Stätten hielt (Fluchtpunkt Schmachtenberg). Aber irgendwann gelang es dann doch noch, am hügeligen Ort des Geschehens anzulangen, wo die für diese Ansetzung leicht dezimierte Gruppe (zwei Schlachtenbummler waren verhindert) schon wartete und wir die Versuchsanordnung beginnen konnten. Im Vorfeld hatte man jeweils getrennt dem Fachgeschäft unseres Vertrauens Kuhns Whisky Genuss einen Besuch abgestattet, wo man wie üblich bestens beraten und auch ausgestattet wurde. Nächstes Mal machen wir das wieder gemeinsam, versteht sich.

Unser Versuchsfeld bestand wie stets aus einer breiten Auswahl von milden bis hin zu charakteristisch-rauchigen Tropfen, die zunächst hübsch aufgereiht bestaunt werden wollten, um dann in Auszügen auch verkostet zu werden. Bewaffnet waren wir hierbei ebenfalls wie gewohnt mit einem professionell aufbereiteten Tasting-Formular, auf dem die Eindrücke festgehalten wurden (dass dabei vollkommen unverzeihliche Fehler unterliefen wie etwa ein fehlendes Leerzeichen oder gar irreführende Flaschenabbildungen, lassen wir auf sich beruhen. Im Gegenzug hatten wir ja einen eigenen Gäste-WLan-Zugang, damit wir nicht abgehört werden konnten).

Nach dem lockeren, nicht ganz ernst gemeinten Einstieg mit einem wunderlichen Blend namens „Golden Shoe“, der anlässlich der Fußball-EM in diversen Discountern zu haben war und doch tatsächlich in schmucker Schuh-Flasche daherkommt, gehen wir an die Sache heran. Gleich zu Beginn gibt es dabei ein Highlight zu verzeichnen, denn der 15jährige Glenfarclas führt zu Begeisterung allenthalben. Gewohnt mild, verströmt dieser nicht kühl gefilterte Vertreter aus dem sympathischen Familienbetrieb eine süße Geruchsnote, die sich im Geschmack vollends entfaltet: cremig, sehr sherry-lastig, konstatieren wir, im Abgang gesellt sich eine ganz leicht bittere Rauchnote harmonisch hinzu. „Brima!“, notieren wir gerne, und wir wollen betonen, dass der abgerundete Geschmack nicht ausschließlich auf den zugegebenermaßen höchst professionell zur Abdichtung aufgebrachten Parafilm zurückzuführen ist.  

Ebenfalls noch eher zur milden Schule gehört der 12jährige Strathmill, den wir als Vertreter einer Trilogie aus der Flora & Fauna Serie (zu der noch der 10jährige Teaninich und der 12jährige Glen Spey gehören) auf den Prüfstand stellen. Die Strathmill Brennerei aus der Speyside liefert ja eigentlich in erster Linie die Basis für die J&B Blends und ist als Single Malt gar nicht zu haben, was diese dreifach destillierte Abfüllung nochmals spannender macht, auch wenn bei eben dieser Eintragung auf dem Tasting-Zettel das Leerzeichen fehlt, was weidlich bemängelt wird. Geruchlich identifizieren wir einstweilen eine ausgeprägte Fruchtnote, bei der einem ist, als springe man über eine frische Weide – Flora und Fauna eben. Der ebenfalls sehr frische Geschmack gefällt einigen Teilnehmern insbesondere aufgrund der sanften Sherry-Charakters, die den Strathmill zu einem runden Gesamterlebnis macht.   


 

So richtig spannend wird es, als wir uns an den 10jährigen Tobermory machen. Denn hier enthält die schön farbige Auflistung ein irreführendes Bild, woran der Gastgeber allerdings keine Schuld trägt. Eine kurze Recherche ergibt, dass das von mir mitgebrachte Exemplar wohl schon einige Jahre auf dem Buckel zu haben scheint und um das Jahr 2002 herum erworben zu sein scheint. So haben wir die Chance, eine eher historische Ausgabe gegen ein aktuelles kleineres Probenfläschchen von 2010 laufen zu lassen. Und siehe da, die Unterschiede sind so frappant, dass wir sogar die Hypothese entwickeln, der Besitzer habe hier zwischenzeitlich gewechselt: obwohlbeide Varianten von der Isle of Mull stammen, konstatieren wir ein deutlich differenziertes Bild. Die ältere Ausgabe ist als „peated“ ausgelobt und bringt dementsprechend eine rauchige Note und dunklere Farbe mit, während der aktuelle, sichtlich hellere Vertreter (zumal nicht chill filtered und nicht gefärbt) eine fröhliches Rätselraten nach der Geruchsausrichtung zeitigt: das beschriebene Ingwer finden wir nicht, dagegen aber Zitrus, Anis und Pfefferminz (mit dem ist man ja bekanntlich der Prinz) – worauf wir uns auf die Definition „Kümmel in Zitronengras“ einigen. Geschmacklich weiß die junge Variante mit einem leicht maritimen Abgang und Anklängen an Schokolade durchaus zu gefallen.

Nach einer kurzen Stärkung in Form der obligatorischen rustikalen Brotzeit (Brot: ausgehoben, Wurst: eingemacht, Paprika: geröstet) wenden wir uns dem 12jährigen Kilkerran zu, der immer eine Geschmacksreise wert ist. Die Kilkerrans aus Campbeltown gibt es ja in einer schönen Reihung als Work in Progress-Serie, bei der die Abfüllungsjahre an den unterschiedlichen Farben der Röhren und Etiketten zu erkennen sind, wobei wir uns in der Vergangenheit schon der blauen Variante angenommen hatten. Dieser erste Kilkerran mit Altersangabe glänzt wie stets durch seine handwerkliche Machart (nicht kühl gefiltert, nicht gefärbt) und bringt eine Kombination aus 30% Sherry-Fässern und 70% Bourbon-casks auf die Waage. Im Ergebnis weht uns ein Duft entgegen, der an Röstung erinnert, bei der Trockenfrüchte mitschwingen (den Pudding aus der Beschreibung vermögen wir nicht zu entdecken). Im Geschmack entdecken wir gerne eine wohl ausgewogene Mischung aus Süße und Rauchigkeit, bei der wir an Buttergebäck oder auch Biskuits denken, bevor uns der Abgang leicht salzig entlässt. Schön, auch wenn die blaue Variante dem einen oder anderen Tester besser gefallen hatte.

Zu den Klängen und optischen Darreichungen der vom Gastgeber wiederentdeckten Elektronik-Pioniere Kraftwerk (durchaus gewöhnungsbedürftig) wenden wir uns nun endgültig den rauchigeren Vertretern der Zunft zu. Der Arran Machrie Moor 6th Edition von 2015 bietet dabei eine ordentlich getorfte Fassung des handelsüblichen Arran Malt, der ja eher für eine milde Note bekannt ist. Diese extrem helle Variante (nicht gefärbt, in der Tat) dagegen überzeugt nicht nur durch ein nettes Hundebild auf dem Etikett (ist das der Hund von Baskerville, fragen wir uns?), sondern durch rauchige Vanillenoten in der Nase und einem sehr malzig-zitrushaltigen Geschmack, der allenthalben gut gefällt. Mit dem 8jährigen Bunnahabhain (zu dem wir dann mit „The green fields of France“ eher traditionelle Hintergrundmusik umsetzen), unabhängig abgefüllt von Gordon & McPhail und sogar heavily peated (!), stellt sich die bange Frage, wie denn nun die beschriebenen „gekochten Äpfel“ riechen sollen – wir nehmen da doch eher süße Trockenfrüchte wahr, was sich im Geschmack dann sehr angenehm rauchig, rund und ausgewogen fortsetzt: ganz leichte Schärfe kombiniert sich mit Milchschokolade-Anklängen, bevor der wunderbare Abgang einsetzt. Da macht der Gastgeber und Listenzusammensteller doch gerne ein lobendes Kreuzchen auf dem Zettel.

Womit dann der offizielle Teil abgeschlossen wäre – nun darf sich jeder noch ein Tröpfchen außer Konkurrenz gönnen, ich optiere dabei für den Talisker Dark Storm, der wie immer auf ganzer Linie entzückend ist – sofort vermeint man sich an die Küste versetzt, an die die Brennerei gebaut ist, und schmeckt Rauch, Seetang und Pfeffer, was sich zu einem unnachahmlich weichen Aroma verbindet. Dann heißt es allerdings endgültig die Zelte abbrechen – das Gast-WLan endet ja irgendwann, und die herbeigerufenen Transportmittel stehen vor der Türe. Und auch wenn sich die Heimreise am Folgetag ähnlich problematisch herausstellen sollte wie die Anfahrt: spätestens zu Q4 sehen wir uns wieder. Also wir und die Single Malts. Vielleicht nicht gerade an einem Wochenende mit Feiertag dran.