Junge Hüpfer und rauchende Flaschen – das Q2-Tasting in Wort und Bild

Das zwar nur halbe, aber zweifelsohne dreckige Dutzend sehnte sie schon herbei: die neueste Auflage des Q-Tastings, das wie immer als Wanderpokal zu einem anderen Mitstreiter pilgerte und ebenso wie immer bei allen Teilnehmern neue Erkenntnisse in Sachen Whisky-Horizont Erweiterung brachte (somit Ziel erreicht). Hatte der eine oder andere anfangs noch spekuliert, dass man angesichts des schönen warmen Wetters am frühen Abend auf kühles Bier und Grillgut umsteigen würde, siegten am Ende doch die Neugierde und die Selbstdisziplin, und man begab sich schließlich widerstandslos in den kühlen Feier-Keller, wo die aktuelle Versuchsanordnung aufgebaut wurde. Die reichte wie immer von den nicht rauchigen Vertretern über die Sherry-Kandidaten bis zu den „Stinkern“, unterbrochen von dem einen oder anderen Überraschungsgast. Die Zusammenstellung ergab sich dieses Mal durchaus überraschend und kurzfristig, denn beim obligatorischen Besuch bei Kuhns Whisky Genuss, dem Fachgeschäft unseres Vertrauens, wurde noch flugs der eine oder andere Einkauf getätigt, der kurze Zeit später frisch auf den Tisch kam. Also Licht aus, Spot an - hier die Highlights des inzwischen durchaus kultigen Happenings, fachmännisch aufbereitet von unserem Special Guest Bernd Weigand:

Herzstück der Q2 Veranstaltung - das vorweg - waren zwei Vertikal-Tastings von je drei Whiskys aus der gleichen Brennerei: dreimal Bruichladdich und dreimal Lagavulin, die überraschender und unterschiedlicher kaum ausfallen konnten. Aber dazu später mehr. Als Anfangs-Dram, also quasi zum lockeren Aufwärmen, konnte man wählen zwischen dem Auchentoshan Heartwood, einem dreifach destillierten Lowländer, der in Bourbon- und Oloroso Sherry-Fässern reift, dem zehnjährigen Glenfarclas, ebenfalls sherry-gereift, brennereitypisch weich und rund, und (als Option 3) dem neuen Glencadam Origin 1825, der wie der Heartwood ohne Altersangabe daherkommt und den Einstieg in die Glencadam-Range darstellt. Wurden der Heartwood und der Glenfarclas noch wie alte Bekannte begrüßt und bestens goutiert, wurde der Glencadam nicht durchgehend wohlwollend bewertet - man bescheinigte ihm sogar einen leicht fauligen Abgang. Dann machte der erste Überraschungsgast seine Aufwartung: ein deutscher Whisky, genauer gesagt der Coillmòr aus der Brennerei Liebl in Bad Kötzting. In einer limitierten Abfüllung, destilliert im Juni 2006 und gereift ausschließlich in Fässern aus Amerikanischer Eiche. Auch hier war man sich uneinig und versuchte sich in blumig-kuriosen Beschreibungen: riecht und schmeckt er jetzt nach Karton, nach einer frisch geöffneten Puzzle-Schachtel, nach einer Mischung aus Obstler und Getreide? Auf jeden Fall ein Farbtupfer, der für Abwechslung und Diskussion sorgte (und den wir ja auch schon anderweitig verköstigten.)

Dann ein erstes Highlight: dreimal Bruichladdich, vertikal getasted [Frage Holgi: heißt das, man trinkt im Stehen statt im Liegen?]. Es treten an: in der rechten Ecke der Classic Laddie (Scottish Barley), die gegenwärtige Standard-Abfüllung, daneben der Laddie Eight, der im Moment nur auf einschlägigen Flughäfen und sonstigen ex Duty Free-Locations erhältlich ist, und zu guter Letzt der Laddie Ten, der ehemalige Standard, der inzwischen vergriffen ist und dem die Genießer doch nicht ganz ohne Wehmut nachtrauern. Also zweimal mit Altersangabe und einmal ohne? Mitnichten. Denn in Sachen Classic Laddie setzt die Brennerei seit kurzem auf Transparenz: über die Homepage kann man nach Eingabe des Flaschencodes genau sehen, welche Fässer verwendet wurden - und vor allem, wie alt deren Inhalt war. In unserem Fall 6 bis 8 Jahre. Nebeneinander gestellt, fiel zuerst die Einheitlichkeit der Drams auf: Farbe beinahe identisch (wir wissen: Bruichladdich färbt nicht), und auch beim Schnüffeln und Schmecken ergaben sich kaum Unterschiede. Erstaunlich, zumal der Laddie Ten mit 46 % vier Umdrehungen weniger auf die Uhr bringt als seine beiden neueren Kollegen. Haben hier die Marketing-Menschen gute Arbeit abgeliefert und kredenzen uns etwa den gleichen Stoff in verschiedenen Verpackungen? Ist das Fassmanagement bei Bruichladdich so gut, dass es qualitativ kaum Unterschiede gibt, oder lag es einfach nur an dem relativ geringen Altersunterschied von zwei bis maximal vier Jahren? Wir vermuten letzteres, waren uns in der Sache aber nicht ganz einig.

Nachdem in der Pause wieder deftige Kost - diesmal sogar in Form von original pfälzischem Saumagen [Anmerkung Holgi: fast schon staatsmännisch-kanzlerhaft!] - kredenzt wurde, die jeder auch für dringend nötig erachtete (wobei dieses mal KEIN Vesperbrett durch Schnittgewalt zu Schaden kam wie während der vorigen Ansetzung), ging es mit dem 15-jährigen Benriach weiter, der in PX-Sherryfässern gefinished wurde und entsprechend angenehm schokoladig daherkam. Der folgende Wolfburn, die erste Standard-Abfüllung der aktuell nördlichsten Brennerei des schottischen Mainlands, ist mit seinen drei Jahren plus wenige Wochen der Jüngste im heutigen Whisky-Bunde - und von ganz anderem Kaliber. Wild und ungezähmt und bestimmt nicht jedermanns Sache. Mit einigen Tropfen Wasser beruhigte sich sein Charakter - eine durchaus mutige Erst-Abfüllung. Dann wurde es Zeit für den zweiten Überraschungsgast, der uns kurzfristig von der Firma Kuhn überreicht worden war: ein Grain Whisky (also nicht in Pot Stills hergestellt), ganze 20 Jahre alt, mit 55 % in Fass-Stärke abgefüllt, und zwar von der Brennerei North British. Dieser Vertreter überraschte mit seiner Komplexität, mit seinem nussigen Gesamtbild und mit seinem kräftigen, nahezu ewig langem Abgang. Nur leider dürfte dieser Tropfen für Otto-Normal-Genießer nur sehr schwer zu bekommen sein - weil eigentlich vergriffen.

Dann erwartete uns mit dem zweiten, diesmal rauchigen, Vertikal-Tasting ein weiteres Highlight des Probier-Abends: der Lagavulin 8 Jahre stand am Start, also die Abfüllung zum 200. Jubiläum der Brennerei, außerdem der reguläre 16-Jährige sowie die Distillers Edition in der Abfüllung von 1997/2013. Hier hieß es dann sehen, schmecken und staunen, denn uns überraschten - anders als beim Bruichladdich-Dreier - handfeste Unterschiede. Punkt 1, die Farbe: der 8er ist extrem hell (der Aufdruck „mit Farbstoff“ kann wohl getrost als britische Skurrilität aufgefasst werden), wobei der 8er und der 16er in der Nase durchaus ähnlichen rauchigen Charakter zeigten. Nur die Distillers Edition „duftete“ anders - erwartungsgemäß, denn hier verwendete man auch Sherry-Fässer, was trotz Rauch die Sanftheit und beeindruckende Ausgewogenheit des Tropfens erklärt. Auch über den Preis wurde diskutiert: der 8-Jährige kostet rund einen Zehner mehr als der reguläre, immerhin doppelt so alte 16er. Ist das gerechtfertigt? Zur Erinnerung: der 8er soll an die Variante erinnern, die der berühmte Whisky-Autor Alfred Barnard 1880 bei seinem Besuch in der Brennerei kostete. Außerdem soll der 8er nur im Jubiläumsjahr erhältlich sein. Ein Vergleich: der Perpetuum, die Jubiläums-Abfüllung von Ardbeg im letzten Jahr, trug kein Alter und kostete 130 Euro. Also ein klares Argument für den Mut, ein Alter anzugeben, und seien es nur 8 Jahre? Oder wieder ein geschickter Marketing-Schachzug? Die Mehrheit meinte ersteres.

Zum krönenden Abschluss harrte der Mutigen noch ein echter Rausschmeißer: nämlich mit dem Ardbeg Corryvreckan der zweite Fass-Stärke-Whisky des heutigen Abends. 57,1 % galt es zu zähmen, weshalb nun erstmals massiver Wassereinsatz zur Verdünnung angesagt war, bis der Tropfen seinen pfeffrig-rauchigen Charakter leichter genießbar offenbarte. Dann galt allerdings das Motto von Paulchen Panther, und für heute war wirklich Schluss - aber wer wollte, durfte sich seinem persönlichen Favoriten noch einmal widmen. Einen klaren Sieger machte man nicht aus, aber der Trink-Horizont wurde erfolgreich erweitert. Und das Grillen ist ja nur aufgeschoben.