Wir schwitzen um die Wette mit Anthrax & Alien Weaponry

06.08.2019 Anthrax & Alien Weaponry
Backstage München

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So liebe Freunde, kann es sein, dass wir seit drei Monaten keinen Konzertbericht mehr veröffentlicht haben? So kann, soll und darf das hier nicht weitergehen. Schluß mit Sommerloch, wir müssen wieder rocken. Und natürlich lässt uns das Backstage in München dabei nicht im Regen stehen, im Gegenteil mit Leichtigkeit lässt sich unter dem übervollen Terminplan eine Veranstaltung finden, die uns sofort ins Auge sticht. ANTHRAX, das ist livetechnisch eine sichere Bank, da kann nichts schiefgehen, und so sollte es dann auch kommen.

Aber zuerst muss sich der Münchner Metalhead durch das S-Bahn-Chaos, verursacht durch einen Wassereinbruch in der Stammstrecke, einen Weg mit Bus, Tram, U-Bahn oder Elektroroller bis zum Backstage Werk zusammenpuzzeln, was das rechtzeitige Erscheinen vor Ort deutlich erschwert. Aber angekommen dürfen wir feststellen, dass das heute wieder mal ein Abend für die ganze Familie von Kleinkind bis Rockergreis zu sein scheint. Es fühlt sich wie immer gut an, nicht der Älteste auf einem Konzert zu sein. Erstaunlicherweise sind auch ein paar Unkaputtbare mit aktuellem Wacken-Shirt 2019 anzutreffen. Jungs… heute ist Dienstag nach Wacken … und Anthrax hatte doch dort auch ein Stelldichein gegeben!?

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Gegen Acht Uhr heißt es dann zu den Waffen. Denn auf der Bühne versammelt sich das Dreigespann von Alien Weaponry. Was klingt wie eine Keyforge-Spielkarte ist in Wirklichkeit eine junge (eine sehr junge) Kapelle aus Neuseeland. Und Potzblitz, auch wenn die Jungs gerade mal die zwanzig Jahre überschritten haben, legen sie los als hätten Sie noch nie was anderes gemacht. Vom Stil her hören wir hier eine Art härtere Rage against the Machine mit ein bisschen Hatebreed untergemischt und einer wahrlich anständigen Menge Groove. Gesanglich dürfen wir einem Gemisch aus Maori-Vokabular und Englisch lauschen, welches Sänger und Gitarrist Lewis de Jong uns wütend um die Ohren haut. Und wo wir am Anfang noch denken, eigentlich ganz nett, kommen die Jungs mit jedem Song etwas mehr in Fahrt und haben nicht nur uns, sondern auch das restliche Publikum (welches währenddessen schon lustige Kreise in der Mitte des Backstage Werks läuft) mit der kraftvoll stampfenden aber dennoch modernen Melange gegen Ende des Gigs auf Ihre Seite gezogen.

Hab ich eigentlich schon erzählt, wie warm es heute Abend hier im Backstage ist? Nicht? Es ist Sauheiß! Alle die sich Ihrer Oberbekleidung noch nicht eh schon entledigt haben, stehen in durchnässten Klamotten vor der Bühne und warten erstaunlicherweise sehnsüchtig darauf, die Halle noch weiter aufzuheizen.

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Dann erklingt Maidens “Number of the Beast” und der Druck in Richtung Bühne in den vorderen 30 Reihen nimmt dabei deutlich zu. Kurz darauf springen sie dann auf die Bühne. Anthrax, einer der Big Four des Thrash Metals, ein Titel, den Ihnen keiner mehr nehmen kann. Der Basslauf und das Anfangsriff von “Caught in a Mosh” schneidet die Luft im Backstage entzwei und dann ist kein Halten mehr. Überall fliegen Haare, Menschen, Becher und die ersten Crowdsurfer sind auch schon unterwegs. Scott und Joey sind wie immer überschwänglich gut gelaunt und Bass-Vergewaltiger Frank Bello versucht wieder und wieder seinen Mund so weit wie möglich aufzureissen, was zu sehr lustigen Grimassen führt. Was für ein Auftakt, also T-Shirt kurz auswringen und weiter. Das rhythmisch-wilde “Got the Time”, welches mich damals vor knapp 30 Jahren in die Welt von Anthrax einführte und natürlich “Madhouse”, was den Abend hier gut beschreibt, lässt den Sportlern vor der Bühne keine Pause. Joey Belladonna findet aber trotzdem Zeit jeden einzelnen Besucher zu mustern und sich auf seine eigene unnachahmliche Weise mit lustigen Handbewegungen über lange Bärte, dicke Bäuche, bunte Kappen und nasse T-Shirts zu beäumeln. Wobei die Hitze auch an Herrn Belladonna nicht vorbeigeht, der mit jeder Bewegung Schweiß auf allen Ecken der Bühne verteilt. Die erste Ruhepause gibt es erst bei der Stadionrock-Hymne “Breathing Lightning”, bei der alle Angereisten als großer Chor gesanglich mithelfen dürfen. T-Shirts auswringen macht inzwischen keinen Sinn mehr, da das Wasser auch so raustropft.

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Also weiter im Programm “I am The Law” erweist sich ebenfalls als ausgezeichnete Mitschreihymne, während das old-schoolige “Medusa” und das epische “Now it’s Dark” mit seinem wilden Gesangslinien (Don’t you fucking look at me ;-)) Saitenhexer Scott Ian Zeit geben zu zeigen, wie man ein brachiales Riff nach dem anderen aus der Axt zaubert. Während dieser dann Bayern mit Texas versucht zu vergleichen (?) und noch hinterherschiebt, dass das ein Kompliment wäre (?) läuten Anthrax die letzten beiden Songs ein. Das majestätische und den verstorbenen Ikonen Ronny James Dio und Dimebag Darrel gewidmete “In The End” und das flotte A.I.R. von der Spreading the Disease Scheibe beschließen den Hauptteil des Sets.

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Wahnsinn, wie Anthrax knapp 800 Personen in einen wildgewordenen Hexenkessel verwandeln können. Doch fertig sind sie damit noch lange nicht. Die punkige Zugabe “ANTISOCIAL” lässt trotz Ermüdungserscheinungen keinen im Saal ruhig stehen. Und wie die Münchner noch schreien können. Respekt! Als finales Zuckerstückchen zelebrieren Anthrax dann noch - wie immer eigentlich - Indians. Und ja, auch dieses Stück Musikgeschichte kann auch heute noch überzeugen. Jetzt ist aber wirklich Schicht im Schacht und um den Flüssigkeitsverlust wieder auszugleichen, löten wir uns noch schnell ein, zwei Helle rein. Arbeiten am Mittwoch - was solls?

Also Fazit, auch wenn Anthrax gefühlt inzwischen zwei Mal im Jahr hier in München auf der Bühne stehen. Wer hierher kommt weiß genau was Ihn erwartet, hier gibt es keine Überraschungen. Man bekommt einfach eine Ladung messerscharfer Riffs vor den Latz geknallt, und das dank Joeys Entertainerfähigkeiten mit einem sehr hohen Unterhaltungswert.