Mit der Sonnenbrille in die Zeitmaschine: wir blättern im Kalender mit Battle Beast, Dominum und Majestica
/05.12.2025
Tonhalle München
Gut: eine neue Battle Beast Scheibe. Besser: eine neue Live-Ansetzung mit einem wahrlich massiven Paket. Am besten: wir sind natürlich dabei!
„You have to give yourself more credit!” Diesen Aufruf der wunderbar aufgelegten Noora Louhimo nehmen wir doch sehr gerne auf. Wir denke mal nicht, dass sie meint, wir sollten uns mehr Geld leihen untereinander – vielmehr sollen wir an uns glauben und unseren Wert sehen, alles zauberhaftige Dinge, für die man auf Achtsamkeits-Seminaren jede Menge hinblättern muss und die man hier quasi als Dreingabe bekommt. Und wenn sie uns dann auch noch „a lovely Christmas!“ wünscht, dann sind wir ja nahezu beseelt, was auch insgesamt zum wohlig-mitreißenden Eindruck des Abends passt.
Der beginnt um Schlag 19 Uhr mit einem kurzen, aber fulminanten Einsatz des schwedischen Melodic-Kommandos Majestica, die mit dem Titeltrack des aktuellen Albums „Power Train“ gleich richtig auftrumpfen. Fronter Tommy Johansson, der zwischenzeitlich ja auch schon in Diensten von Sabaton stand, gibt einen veritablen Yngwie Malmsteen, der Sound brettert ordentlich massivst melodisch daher, und Tommy ordnet den Stil selbst treffend ein: „With this song, we go back to 1984!“, womit wir erstmals an der Uhr drehen, was wir später nochmals tun werden – das „Night Call Girl“ bringt in der Tat astreine 80er-Vibes. Basser Chris David könnte glatt als Rübezahl durchgehen, den Tieftöner beherrscht er bestens und macht mit Johanns Sohn und Saitenbieger Nummer 2 Petter Hjerpe launige Bühnenaktion. „No Pain, No Gain“ drückt dann aufs Gaspedal, und nach „Above the Sky“ ist mit der weidlich bekannten Bandhymne „Metal United“ Mitsingen angesagt. Zum Outro „Alliance“ winkt man per Gitarre zu, dann ist nach 30 Minuten, die im Fluge vergehen, erst einmal Pause.
Bei den nun folgenden Herren stellt sich ein gewisser Wiedererkennungseffekt ein – diese Rasselbande, bestehend aus einem befrackten Zeremonienmeister und einer maskenbewehrten Instrumentalfraktion, die hatten wir doch schon mal vor der Linse? Genau, die Nürnberger Formation Dominum konnten wir schon im Vorprogramm von Il Bruzerino Mr Dickinson himself auf seiner Madrake Project-Tour bestaunen. Mit rühriger Tourerei und Festivalpräsenz haben sich die Franken mittlerweile durchaus etabliert, was man auch an diversen Leibchen im Publikum ablesen kann. Mit „Danger Danger“ und dem Stampfer „Killed by Life“ gehen die Kollegen in die Vollen, und Fronter Felix Heldt gibt als Dr. Dead einen sauberen Max Schreck-Lookalike, der uns launig begrüßt: „München, kann es sein, dass ihr gute Laune habt? Was ist denn hier los?“ Tja, scheint wohl so zu sein, und der fesche Power Metal der Kollegen tut sein Übriges. Zu „The Dead Don’t Die“ und „Frankenstein“ geht die Reise ins Horrorland weiter, während der bekennende „Walking Dead“-Fan Dr. Tod uns befragt: „Na, wie findet ihr meine Zombies? Oder hättet ihr lieber Schlager-Zombies gewollt?“. Nein, ganz bestimmt nicht, dann schon lieber passend zum Friedhofs-RIP-Ambiente, das man auf der knapp bemessenen Bühne aufgebaut hat. Zu „We Are Forlorn“ schwenkt Herr Heldt dann das Weihrauch-Fassl, dem Ratschlag „Don’t get bitten by the wrong ones“ schließen wir uns gerne an („die Welt ist total verrückt geworden da draußen“, ja Recht hat er), bevor dann wieder ein krachiges „Rock You Like A Hurricane“-Cover allenthalben für Spiel und Spaß sorgt. Die schwarze Ballade „We all taste the same“ erntet ein Lichtermeer, zu „The Chosen Ones“ wirft man die mittlerweile fast obligatorischen schwarzen Bälle ins Publikum, bevor die Sause dann nach 45 Minuten und einem „Immortalis Dominum“ mit einem augenzwinkernden „The Power of Love“ (genau, die ironische Schmonzette von Frankie goes to Hollywald) aus der Konserve weihnachtlich endet.
Jetzt wieder kurze Atempause, die Bühne wird deutlich verbreitert, und ohne viel Umhertun springen die Hauptattraktionen des Abends hervor. Auf einer schmucken, mit einigen visuellen Referenzen aufs neue Album gezierten Spielstätte legen Battle Beast eben nicht mit einem Track von „Steelbound“, sondern mit dem Gipfelstürmer „Straight Through the Heart“ standesgemäß los. Zottelmeister Joona Björkroth schwingt die Axt ebenso wie sein Kollege Juuso Soinio, die Rhythmusfraktion steht wie die sprichwörtliche Eins, aber natürlich zieht die nach wenigen Momenten hereinstürmende Frontdame die Blicke auf sich. Noora erscheint gewohnt imposant und hat offenbar das lokale Malefiz-Derby gewonnen, so in etwa sieht zumindest das heute angesagte schwarze Kleid/Mantel/Beinkleid aus. Stimmlich gewohnt druckvoll und versiert, schwingt die Dame sich durch den Song, dem sogleich mit dem „Master of Illusion“ ein Beitrag von der vorletzten Scheibe „Circus of Doom“ folgt. Jetzt feuern sie uns dann aber doch ein Stück von „Steelbound“ entgegen: zu „Last Goodbye“ zieht Noora ein zusätzliches Accessoire über, das sie selbst launig kommentiert: „You might think these are rock’n’roll glasses. I call them kick ass glasses!“ Wir erleben dabei ein Phänomen, das wir schon öfter beobachten konnten: auch die Nummern, bei denen auf Konserve die Gitarrenfraktion arg in den Hintergrund rückt, kommen live ordentlich daher – sie finden also auch heute wieder das Stromkabel und stöpseln massiv ein. So brettern dann auch „Here We Are“ und das zauberhaftige „No More Hollywood Endings“ druckvoll einher, wobei Noora bei letzterem wie immer im stimmungsvollen Lichtermeer wie weiland Norma Desmond ganz offenbar sagen will: „I’m ready for my closeup, Mr deMille“. Jetzt übernimmt Lilalaune-Bär Joona das Mikro und lobt die Spielstätte: „We love Munich! We love your Käsespätzle and your beer!“
Sogleich öffnet er sich das etatmäßige Bier, das offenbar aufgeregt ist und überläuft: „Check it out! Cheapest pyrotechnics in the world!“ Als er weiter philosophiert „We played our first headline show here 10 years ago, in Backstage Club, with about 200 people - now there are 2000 of you!” rufen wir gerne zurück, das wir auch damals dabei waren. Das Bier läuft weiter über (“this beer drinks itself!”), und auf Aufforderung (“you have this particular chant here“) entwickelt sich dann die von einer Drittkombo geliehene Hymne „Noch ein Bier!“ (Sabaton waren ja erst vor kurzem hier, passt also), worauf Joona dann doch ran muss und austrinkt. Genug des Schaugeschäfts, wir rasen weiter im Programm mit „Eye of the Storm“, „Blood of Heroes“ („for all who didn’t come home“) und einem wunderbaren „Where Angels Fear to Fly“, zu dem Noora einen astreinen Ausdruckstanz auf die Bretter legt. Das neue, mächtige „Watch the Sky Fall“ und das ebenfalls aktuelle „Twilight Cabaret“ laufen bestens rein, und das Schlachtross vom „Bastard Son of Odin“ – angekündigt wie stets als „best Viking Metal in the world“, garniert von einer kurzen „Pursuit of Vikings“-Amon Amarth-Parodie - sorgt wie immer für Laune. Jetzt aber zeigen die Kollegen, dass auch sie offenbar ganz gerne Dr. Who schauen – „we are now entering our time machine and go back tot he 80s“, wo wir ja kurz vorher schon mal hingereist waren. Wenn wir dabei ein ganz wunderbares „Angel of Midnight“ bekommen, dann nehmen wir diese Art der Reise sehr gerne. Nach dem Titeltrack „Steelbound“ gib es nun noch eine kurze Gesangsstunde: Noora führt uns virtuos durch die unterschiedlichen Ausbaustufen von „Eden“, wir singen brav mit, aber die Chefin selbst ist in ihrer Darbietung natürlich unerreicht. Hossa, was ein Ritt! Paulchen Panther dreht massiv an der Uhr, aber ganz im Stile des zerknitterten Inspektors Columbo haben wir noch eine Frage: kommt der Schlagewagen noch zum Einsatz? Der Zugabenblock beginnt mit dem Instrumental „The Long Road“, bei der folgenden auch gut geübten Star Wars-Hommage „March of the Stormtroopers“ muss auch Keyboarder Janne Björkroth das unvermeidliche Bier zu sich nehmen, kredenzt von Joona, aber die beste Rhythmusmaschine der Welt, die auch Cocktails mischen kann, die ist offenbar gerade beim Winterreifenservice. Irgendwann kommt auch Noora wieder zurück auf die Bühne, „I’ve been waiting for 20 minutes now!“, und mit einem fulminanten „King for a Day“ gehen wir auf die Zielgerade. „Wings of Light“ setzt dann den endgültigen Schlusspunkt – Begeisterung allenthalben, Käsespätzle serviert, Zeitmaschine läuft. Sensationell!
