Njorl's Saga: Amon Amarth plündern im Zenith

15.11.2019 - Zenith München
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Unter der Flagge der Berserker-Tour rückte ein wahrlich schlagkräftiger Tross an, um auch unsere schöne Stadt in Schutt und Asche zu legen. Da hieß es auch für uns: an die Riemen, beim Barte Odins!

„Amon Amarth – Arch Enemy – Hypocrisy! You have a veritable Swedish invasion!“ So kommentiert gut gelaunter Johan Hegg das Paket, das gerade die ehemalige Zugausbesserungshalle im lauschigen Münchner Norden zerpflückt. Die volle Breitseite schwedischen Todesstahls macht sich auch in der durchaus frühen Aufgalopp-Zeit bemerkbar: schon um 17:30 öffnet das Zenith seine Tore, wir sind zwar nicht ganz so früh vor Ort, aber immerhin doch so ausreichend, dass wir noch entspannt nach vorne spazieren können, wo man dann alsbald mit einer launigen Absperrung einen Frontbereich baut, in dem sich durchaus gut leben lässt. Coiffeur-Meister Sebbo stellt dann zuerst einmal fest: „Das Motto des Abends – Rothaarige!“, was ein kurzer Blick auch durchaus bestätigt: hier scheinen in erster Linie Töchter eines gewissen Erik unterwegs. Wie dem auch sei, als erste Attraktion steht nun die Kombo auf dem Programm, die weiland beim legendären Earthshaker-Festival (das mit dem berühmten fake-Orchester bei Manowar) als „Haipokrait“ angesagt wurde. Peter Tägtgrens wilde Bande serviert den bekannten deathigen Soundteppich, der mit Nummern wie „Fire In The Sky“ bei meinem Mitstreiter durchaus zu Begeisterung führt. Mit Ersatzbasser und lustigen Pumphosen macht der gute Peter einen schlanken Fuß, aber irgendwie verliert sich die ganze Chose im ohnehin immer problematischen Sound des Zeniths doch arg. Nach 40 Minuten wars das dann auch schon wieder.

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Unsere blau(nicht rot)haaarige Freundin scheint einiges an Haustieren mit dabei zu haben heute, zumindest könnte man das meinen angesichts der zahlreichen Metallkäfige, die jetzt aufgebaut werden. Aber offenbar dienen die dann doch eher dem Unterbau von Drumkit und Soundelementen, denn Arch Enemy sind durchaus ohne  Hund und Katz, aber mit jeder Menge Gassenhauern unterwegs. Furios legen sie Punkt 8 gleich mit „The World Is Yours“ los, die Gitarrenfraktion aus Jeff Loomis und Michael Ammott steht wie üblich makellos – aber Blickfang ist und bleibt natürlich Frau Gluz, die heute in Gummistiefeln und Fledermauskleidchen agiert. Wenn wir es denn wirklich wollen, gehört die Welt uns, teilt sie uns mit – wir glauben das gerne, auch wenn HNO-Internist Sebbo berechtigt feststellt, dass man der guten doch vielleicht mal ein Wick Blau reichen sollte, passend zur Haarpracht. Bei der nächsten Attacke fordert uns die Gute dann auf, doch mitzumachen, weil wir das Stück doch eh kennen, was natürlich stimmt: „War Eternal“ räumt ganz gewaltig auf. Frau Gluz jongliert das Mikro, dräut in die Menge, hüpft vom Schlagzeug und macht auch sonst alles richtig. Die gewaltige Abrissbirne „My Apocalypse“ gerät zum allgemeinen Hüpfalarm, der dann bei „You Will Know My Name“ einfach weitergeht. Als Raserei noch aus Angela-Gossow-Tagen fährt auch das mächtige „Ravenous“ wie immer prächtig ins Beinkleid, bevor es dann mit dem feinen „The Eagle Flies Alone“ fast so etwas wie eine semi-Ballade zu bestaunen gibt. Jetzt aber zum ganz großen, furiosen Finale: „As The Pages Burn“ versetzt die Moshpit-Meute in der Mitte in einen wahrlichen Taumel, bevor dann „Nemesis“ endgültig die Lichter ausschießt. Fazit: immer wieder schön, sich von Frau Gluz angrunzen zu lassen. Und nebenbei wunderlichen Melodien zu lauschen. Bestens!

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Jetzt aber weiter im Takt, jetzt heißt es auf der Bühne nochmals größer basteln, um die wilde Horde ordentlich zu präsentieren. Ein gewaltiger Vorhang verbirgt das emsige Tun, schön beschriftet mit dem Titel der aktuellen Scheibe, den wir natürlich flugs in „Bierserker“ umdeuten. Um 21:30 geht die Sause dann mit einem feschen „Run to the Hills“ vom Band los, das nach der Hälfte abreißt – wortwörtlich fällt der Vorhand und gibt den Blick frei auf eine Bühne, die auch Rudi Carell nicht besser hätte konstruieren können. Das Drumset thront auf einer massiven Wikinger-Kopfbedeckung (gibt’s wohl bei Ikea als Bausatz Helmar) - gar nicht stilecht mit Hörnern, die historisch ja bekanntlich nie dran waren -, flankiert von einer feschen Showtreppe, die im Verlauf des Abends weidlich genutzt wird. So richtig Zeit haben wir zur Inspektion der Lokalitäten allerdings nicht, denn jetzt geht es mit „Raven’s Flight“ gleich ordentlich zur Sache. Meister Hegg grunzt und raunzt ins Mikro wie eh und je (und scheint dabei ein paar weniger Pfunde auf den Rippen zu haben als vormals, was ihm durchaus gut steht). Die Gitarrenfraktion steht wie eine eins, und offenbar hat man sich sogar für ein Upgrade-Modell von Helmar entschieden: im Visier erscheinen nämlich passend zum Song spaßige Video-Einsprengsel. Offenkundig sind die alten Schweden auch um unser wohliges Gemütlichsein besorgt, heizen sie uns doch mit Pyro-Effekten derart ein, dass in der Halle wirklich niemand zu frieren braucht.

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Sie sind halt höflich, die attackierenden Horden. Gleich als zweite Attacke reißt dann „Runes To My Memory“ einiges um, zumal die titelgebenden Runen hier fesch am Bühnenrand abgefackelt werden. Feurio, kann man da nur sagen! Auch das folgende „Death in Fire“ gerät zur Flammenwerferteststrecke, worauf dann „Deceiver Of The Gods“ (inklusive Faschings-Loki-Kostüm-Figur) ebenfalls massiv abräumt. Der gute Johan wendet sich nun in mehr als nur passablem Deutsch an uns, wünscht eine fröhliche Verrichtung und schaltet dann doch wieder sprachlich um: „Let’s party like it‘s 793!“, feixt er, als sie mit „First Kill“ ein schweres Brett auffahren. Zum Opener der aktuellen Scheibe (eben die mit dem Bierserker vorne drauf), der Mär um das Gold des alten Drachen Fafner, setzt es dann noch einen hübschen Goldregen auf der Bühne – das sei ja wie an Silvester, so Böllerexperte Sebbes, wobei wir anmerken, dass früher trotzdem irgendwie mehr Lametta war, Der Odinsohn selbst kommt nun zu Ehren – beim mächtigen „Crack The Sky“ schwingt Herr Heg einen veritablen Mjolnir, der zwar offenkundig aus Schaumstoff ist, aber dennoch einiges hermacht. Ohnehin nimmt die ganze Chose zunehmend Musical-hafte Züge an: beim brachialen „Way Of The Vikings“ hauen sich zwei wüste Gesellen ordentlich in die Backen, „Prediction Of Warfare“ zimmert ordentlich herein, gefolgt vom massiven „Shield Wall“, das mit seinem Stampfrhythmus alles umnietet. Bei den „Guardians Of Asgard“ flankieren zwei meterhohe dräuende Wächter das Drumkit - praktischerweise Aufblasfiguren aus Gummi, geht so am einfachsten. Auch musikalisch wird durchaus deutlich, warum die Herren solch ein Massenpublikum mit nicht geringem Frauenanteil mobilisieren: das ganze Gewand wirkt bretthart, aber hinter der Fassade stehen fulminante Melodien, die gar nicht so schnell runtergerissen sind, wie das ganze Außengewitter dies glauben machen will. Zur Hymne „Raise Your Horns“ leeren Herr Heg und seine Freunde ein ordentliches „bayrisches Bier“ aus den Trinkhörnern (ist das eigentlich hygienisch, das fragen wir mal lieber nicht), bevor dann erst mal Schluss ist. Schlagerkenner Sebbes vermisst allerdings noch einen Song, der durch seinen Stoppelrhythmus ein bisschen klingt wie Scooter, sich aber dann als „The Pursuit Of Vikings“ entpuppt, das frenetisch abgefeiert wird, zumal das Schlagzeug auf dem Bausatz Helman jetzt sogar noch einige Meter nach oben fährt. Nach einem rasenden „Twilight Of The Thunder God“ (inklusive Kampf mit feschem Drachen, das nächste Gummi-Aufblas-Tier) ist dann endgültig Schluss im nordischen Schacht – der Tross zieht weiter, wir sind beeindruckt und sagen Skol.